Millionen Wohnungen fehlen – mit Folgen für die Wirtschaft
In den alten Bundesländern fehlen 1,2 Millionen Wohnungen. Das zeigt die Wohnstudie des Forschungs- und Beratungsinstituts Pestel im Auftrag der Immobilienmesse Expo Real, die diese Woche in München stattfand. „Die Lage spitzt sich zu”, sagte Pestel-Chefökonom Matthias Günther. Um den Neubau in Schwung zu bringen, hält er neben Bürokratieabbau auch mehr Wohnraumförderung über ein milliardenschweres KfW-Kreditprogramm für notwendig. Das Institut plädiert dafür, die Wohnungsbauförderung nicht an immer höhere Standards zu knüpfen. „Die Wohnungsfrage ist nicht nur die soziale Frage dieser Zeit, sondern die Lösung der Wohnungsfrage ist die Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in den nächsten Jahren”, sagte Matthias Günther. Unternehmen hätten Schwierigkeiten, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schreckten vor dem Jobwechsel zurück, wenn damit eine Wohnungssuche verbunden ist.
Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) verspricht sich deutliche Impulse vom sogenannten Bau-Turbo, der diese Woche vom Bundestag beschlossen wurde und kommende Woche vom Bundesrat abgesegnet werden soll. Er hat das Ziel, Bauen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Eine Experimentierklausel befristet bis zum 31. Dezember 2030 gibt Gemeinden die Möglichkeit, zusätzliche Wohnungen bereits nach einer dreimonatigen Prüfung zuzulassen. Die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans ist dafür nicht erforderlich. Durch weitere Änderungen im Baugesetzbuch kann von Vorgaben eines Bebauungsplans abgewichen werden. Das gilt auch für innerstädtische Bereiche und Flächen außerhalb eines bebauten Ortsteils. „Wir geben den Kommunen die Brechstange und sie können die ganzen Regeln, die sie normalerweise alle befolgen müssen, ein Stück weit auf die Seite legen”, sagte Hubertz. Die Bauwirtschaft zeigte sich am Rande der Expo Real skeptisch. „Gebaut ist damit noch lange nichts. Hier brauchen wir echte Beschleunigung: digitale und effizientere Verfahren, weniger Bürokratie, verbindliche Zeitpläne“, so Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Die deutschen Pfandbriefbanken schlagen staatliche Bürgschaften für die Baufinanzierung vor. „Das würde die Finanzierungskosten senken“, sagte Jens Tolckmitt, der Hauptgeschäftsführer des Verbands deutsche Pfandbriefbanken (vdp). Staatliche Bürgschaften seien eine Möglichkeit zur Entlastung. „Für den Staat wären damit weder ein großes Risiko noch hohe Kosten verbunden.“ (Tagesschau, Expo Real Wohnstudie 2025, Handelsblatt+)
Bauzinsen verharren bei 3,6 %
Nach der leichten Aufwärtsbewegung im Sommer verharren die Bauzinsen zum Herbstbeginn auf gleichbleibendem Niveau bei im Schnitt rund 3,6 % für 10-jährige Darlehen. Die überwiegende Mehrheit des Interhyp-Bankenpanels (83 %) geht kurzfristig von einem gleichbleibenden Niveau bei den Bauzinsen aus. 17 % halten steigende Bauzinsen in den kommenden vier Wochen für möglich. Mit Blick auf das nächste Jahr erwarten die Expertinnen und Experten des Panels keine weitere geldpolitische Lockerung, dafür ein „Aufwärtsrisiko” für die Zinsen. Die sich seit Anfang September seitwärts bewegenden Zinsen für zehnjährige Darlehen sind eine gute Nachricht für Kaufinteressentinnen und Kaufinteressenten. Mirjam Mohr, Vertriebsvorständin von Interhyp, sagt: „Wer gut vorbereitet ist, kann jetzt zu stabilen Konditionen in den Markt einsteigen.“ Aktuell liegt der Beleihungsauslauf (BLA) im Schnitt bei 80 %, die Eigenkapitalquote damit bei etwa 20 %.

Hohe Nachfrage nach kleinen Wohnungen
Die Nachfrage nach kleineren Wohnungen steigt. Grund dafür ist der stetige Anstieg der Einpersonenhaushalte. Die Zahl der Singlehaushalte hat sich zwischen 2011 und 2022 um ein Viertel auf 17,4 Millionen erhöht, meldet das Statistische Bundesamt unter Berufung auf den Zensus 2022. Damit sind Einpersonenhaushalte die häufigste Wohnform – und vor allem in Ballungsräumen verbreitet. Unter die Einpersonenhaushalte fallen nicht nur Studierende oder Pendler, sondern auch alleinstehende Ältere, die in der eigenen Wohnung leben wollen. Dabei hat die durchschnittliche Wohnung in Deutschland 94 Quadratmeter. „Doch der Platz in den Städten ist begrenzt, die Grundstücke sind teuer. Ohne Kompromisse bei der Wohnfläche wird es nicht klappen, den Wohnungsmangel zu bekämpfen“, schreibt eine Kommentatorin der F.A.Z. (Statistisches Bundesamt, Studie NordLB, F.A.Z.+)
Ausstattung: Wann weniger mehr ist
Beim Hausbau machen die Baukosten den größten Teil der Gesamtkosten aus. Gerade beim Innenausbau, bei dem es um die Installation von Heizung, Elektrik, Sanitäranlagen und die Ausstattung der Räume geht, haben Bauherrinnen und Bauherren gewisse Spielräume durch die Wahl der Materialien und beim Standard der Ausstattung. In einer Übersichtsdarstellung zeigt die F.A.Z., dass zuletzt technische Ansprüche den Preis in die Höhe getrieben haben. Demnach verteuerten sich Rohbauarbeiten 2024 im Vergleich zu 2023 nur um 1,2 %, wobei Betonarbeiten sogar um 0,2 % billiger geworden sind. Die Kosten für Ausbauarbeiten stiegen dagegen im Durchschnitt um 4,1 %. Am stärksten haben sich mit 6,8 % Arbeiten an Elektro-, Sicherheits- und IT-Anlagen verteuert. Arbeiten an Anlagen für Gas, Wasser und Heizung wurden um 5,7 % bis 5,8 % teurer. Wachsende technische Ansprüche wie das Smart Home und höhere Baustandards seien hier die Preistreiber. (F.A.Z.+)
Aktuelle Finanzierungskennzahlen

Abgebildet sind Durchschnittswerte auf Basis der Finanzierungskennzahlen der Interhyp Gruppe. Pfeile zeigen die Trendentwicklung im Vergleich zum Vormonat an.